Ein Buch als Verpackung für Tampons, wie kommt man auf die Idee?
Sarah Dahm: The Female Company, ein Start-Up aus Stuttgart, wollte seine Produktpallete, Monatshygieneartikel aus Biomaterial, kommunizieren. Wir sind bei unseren Recherchen zu diesem Thema sehr bald darauf gestoßen, dass in Deutschland auf Monatshygieneartikel der erhöhte Mehrwertsteuersatz von neunzehn Prozent gilt – obwohl es sich um Artikel des täglichen Gebrauchs handelt. Etliche Luxusartikel wie zum Beispiel Lachskaviar oder Ölgemälde werden hingegen mit dem reduzierten Steuersatz von sieben Prozent besteuert. Zuerst wollten wir daher auch leere Kaviardosen nehmen und darin Tampons verpacken, um einerseits auf das Produkt, andererseits auf seine Steuerbenachteiligung hinzuweisen.
Am Ende haben Sie aber ein vierzig Seiten starkes Tampon Book gemacht, in dem fünfzehn Bio-Tampons verpackt sind.
Max Marohn: Ja, denn The Female Company wollte in ihrer Kampagne auch Informationen rund um das Thema Menstruation transportieren. Da bot sich ein Printmedium natürlich an. Und weil auf Bücher, anders als auf Tampons, der reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent gilt, konnten wir damit beides machen: die steuerliche Benachteiligung von Tampons thematisieren und einen zeitgemäßen Ratgeber über Monatshygiene produzieren. Sehr viel, was an medialen Darstellungen zum Thema existiert, ist ja völlig antiquiert. Da wird Blut zum Beispiel als blaue Flüssigkeit dargestellt, wir wollten hingegen echtes Blut zeigen. Wir wollten die Welt so darstellen, wie sie tatsächlich ist und haben so ein modernes, witzig illustriertes Buch geschaffen, das Information vermittelt und in dem auch Bio-Tampons verpackt sind. Weil die Tampons als Teil des Buchs gelten, werden sie in diesem Fall mit nur sieben Prozent besteuert. Die Ersparnis gegenüber dem sonst gültigen Steuersatz von neunzehn Prozent gibt The Female Company direkt an ihre Kundinnen weiter.
Ein ziemlich aufwändiger Weg, um das Produkt ein paar Cent billiger machen zu können.
Sarah Dahm: Das war auch nicht der Hauptzweck. Ursprünglich war die Kampagne so angelegt, dass wir das Buch vor allem an Medien, Multiplikatoren, Politiker, Influencer verschicken wollten, um so auf die steuerliche Ungleichbehandlung hinzuweisen. Ein Buch ist da als Trägermedium ideal. Es nutzt die Anziehungskraft, die von Gedrucktem ausgeht, es wirkt wertig, es ist nichts, das man sofort wegwirft, wenn man es zugeschickt bekommt. In einer ersten Tranche haben wir 1.000 Stück drucken lassen, 400 davon wurden verschickt, 600 sollten, von einer Social Media Kampagne begleitet, verkauft werden. Doch dann schlug die Bombe ein: Schon am Abend nach Kampagnenstart haben uns die Gründerinnen von The Female Company angerufen und gesagt: Wir brauchen dringend mehr Bücher, die 600, die wir noch hatten, sind alle ausverkauft.