Print Power auf einen Blick
- Print ist effektiver als Online – entgegen der allgemeinen Wahrnehmung
- PrintPower erzielt einen ROI von 120-130%
- Die klassischen Media-KPIs lassen entscheidende qualitative Faktoren wie Akzeptanz und Vertrauen außer acht
- Mischkampagnen, die Print mit einbeziehen, sind wesentlich effektiver als Monokampagnen
Seit über 20 Jahren wacht Rouven Dankert als Auditor und Berater darüber, dass Marketingetats so effizient – und effektiv – wie möglich ausgegeben werden. Wir fragten den Gründer der Hamburger Independent Media Guides, wie man Print am besten als effizientes Werbemittel nutzt.
Herr Dankert: Gerade beim Thema Print klaffen Wahrnehmung und Wirklichkeit weit auseinander. Eine Studie von Ebiquity zeigt auf, dass Print dramatisch wirksamer ist, als zumindest in Großbritannien angenommen wird. Gibt es dieses irrige Groupthink auch in der deutschen Mediaplanung ?
Ich befürchte, diese Einstellung zu Print gibt es teilweise tatsächlich, allerdings nicht nur auf Unternehmensseite. Die „digitale Besoffenheit“, um Christoph Baron, den Ex-Chef von Mindshare zu zitieren, betrifft ja nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Agenturen. Zudem stehen Marketingverantwortliche in Unternehmen unter digitalem Erfolgsdruck, da man sich eher rechtfertigen muss, warum man NICHT in bestimmten Größenordnungen digital unterwegs ist. Die Print-Vermarkter können hingegen steigende Preise bei rückläufigen Auflagen auch nur schwer erklären. Eine nicht ganz triviale Gemengelage, die es für das Medium nicht einfacher macht.
Wie gehen die Unternehmen damit um? Sind sie weiter offen für Print?
Aus meiner Sicht sind Unternehmen nach wie vor sehr offen für eine gute differenzierende Mediastrategie zum nachhaltigen Markenaufbau, die in der Regel gemeinsam mit der Kreativ- und Mediaagentur erarbeitet wird. Kritisch sehen Unternehmen allerdings Bruttopreissteigerungen bei sinkenden Auflagen und damit entsprechend steigende TKPs. Hier müssen die Verlage weiter Aufklärungsarbeit leisten und die Preis- und Auflagenentwicklung nachvollziehbar besser synchronisieren.
Wir leben im Zeitalter der Digitalisierung, ohne Social Media geht scheinbar nichts mehr. Wie kann sich hier Print überhaupt noch bemerkbar machen? Oder ist Print – wie alle anderen Medien auch – dann am besten, wenn es im Zusammenspiel mit anderen Kanälen wirkt?
Absolut richtig! Das Zusammenspiel mit anderen Medien hat – wie in verschiedenen Studien nachgewiesen – deutliche Wirkungsvorteile gegenüber Monokampagnen. Das gilt für Print wie für alle anderen Medien gleichermaßen. Das veränderte Mediennutzungsverhalten führt übrigens nicht nur im Medium Print, sondern auch im Medium TV zu einem Verlust an Reichweite in den jüngeren Zielgruppen. Die Gattung Print hat allerdings in der Breite gegenüber anderen Medien einen Glaubwürdigkeits- und damit Akzeptanzvorsprung, den einige Verlage schon sehr geschickt und erfolgreich in die digitalen Medien verlängern.
Schlägt sich das auch im ROI nieder?
Ja. Laut einer Cross-Media-Studie der GfK hatte Print-Werbung in Zeitungen und Zeitschriften den höchsten ROI im Vergleich zu Radio, TV und Online-Bannern. Die Studie geht von 120 bis 130 Prozent ROI aus. Das würde bedeuten: Euro, der in Anzeigen-Werbung investiert wird, liefert eine Rendite von durchschnittlich 1,20 bis 1,30 Euro.
Können wir das genauer aufschlüsseln? Was sind die Stärken verschiedener Print-Gattungen? Fangen wir mit den Tageszeitungen an, dem vom Umsatz her stärksten Printwerbekanal, an.
Zunächst: Im Markt wird Effizienz gerne mit einem günstigen TKP und hohen Rabatten gleichgesetzt. Ich würde aber die Stärken eines Mediums nicht nur an der Effizienz, sondern vielmehr an der Kombination aus Effizienz und Effektivität festmachen. Die Stärken von Tageszeitungen liegen zum einen natürlich in dem schnellen Reichweitenaufbau in einkommensstarken Zielgruppen. Darüber hinaus aber ist es in Zeiten von Fake-News und Weltpolitik im Twitterstil aus meiner Sicht gerade die Glaubwürdigkeit und die Funktion als Orientierungsgeber, die Tageszeitungen stark macht. Das sind auch Werte, die positiv auf die in diesem Medium aktiven Werbungtreibenden und ihre Print-Anzeigen abstrahlen.
Und was spricht für Publikumszeitschriften sowie andere Print-Genres?
Bei Publikumszeitschriften sehe ich als besondere Stärke die sehr präzise Zielgruppenansprache mit minimalen Streuverlusten. Direktmarketing und Anzeigenblätter auf Mikromarketingebene ermöglichen eine sehr genaue regionale Aussteuerung mit hoher Relevanz für den werbungtreibenden Handel, inklusive Lebensmitteleinzelhandel. Diese Kanäle haben eine große Nähe zum Konsumenten, der diese Form der Werbung gelernt und mit Ausnahme der „Werbeverweigerer“ auch als wertvolle Informationsquelle akzeptiert hat. Titel wie „Landlust“ haben seinerzeit den Nerv der Zeit getroffen und den Wunsch nach informativen Wohlfühltiteln perfekt und sehr erfolgreich bedient. Aktuell sind die sogenannten Testimonial- beziehungsweise Personality-Titel wie „Barbara“ im Kommen und setzen Trends. Print bietet hier sehr gute Targetingmöglichkeiten kombiniert mit hoher Glaubwürdigkeit und einem haptischen Leseerlebnis.
Lassen Sie uns über Effizienz im Detail sprechen. Alle wollen Effizienz. Was aber heißt das genau? Welche KPIs sind relevant?
Effizienz heißt zumindest in meiner Definition die Maximierung des ROI. Dabei gilt es aber, sehr bewusst zwischen den verschiedenen Dimensionen wie Awareness oder zum Beispiel Sales zu differenzieren. Je nach Branche und Etablierungsgrad des Werbungtreibenden können angestrebte „Cost per additional Awarenesspoint“ oder „Cost per Contract“ um ein Vielfaches auseinanderliegen. Die klassischen Media-KPIs wie GRP, Reichweite und TKP sind ja nur „Mittel zum Zweck“ und werden dem Medium Print aus meiner Sicht nicht immer gerecht.
Können Sie das genauer ausführen?
Ja, gerne. Die „Last Click Counts“-Attributionsmodelle bewerten bei aller berechtigten Bedeutung von Digital dieses Medium systematisch als viel zu hoch. Für einen fairen crossmedialen Vergleich sollten die Marktstandards Kontaktqualität und Wirkung, die neben der Kreation auch maßgeblich von dem Umfeld abhängig ist, berücksichtigt werden. Im Medium Print sind die Titel selber eine „Marke“ mit positiven Abstrahleffekten und einer besonders kontaktintensiven Nutzungssituation. Werbungtreibende sollten im positiven Sinne ihre Mediaagenturen in die Pflicht nehmen und entsprechende Learnings aus den zahllosen Modellings der Agenturen in ihrer Strategie berücksichtigen.
Schützt der gute Name der Printmarken auch beim Thema Brand Safety?
Ganz bestimmt. Der jüngst zu Recht viel diskutierte Punkt Brand Safety ist für die etablierten Printmedien und deren Verlängerungen in die digitale Welt kein Thema und damit ein deutlicher und nicht zu unterschätzender Vorteil im crossmedialen Vergleich.
Nach oben gibt es sicher keine Grenze. Aber in welchen Größenordnungen müssen sich Budgets für Print bewegen, um überhaupt effizient sein zu können? Hat man auch mit kleinerem Budget eine Chance auf Effizienz?
Je nach Zielgruppendefinition und Kampagnenzielsetzung können auf jeden Fall bereits „kleinere“ Budgets in themenspezifischen Titeln nicht nur aufmerksamkeitsstark, sondern auch sehr effizient UND effektiv unterwegs sein, zum Beispiel mit einer Sonderinszenierung. Verlage sind hier sehr kreativ und unterstützen kundenindividuelle Kooperationslösungen. Ich sage das auch, weil wir über unseren Partner, den Monitoring-Spezialisten AdVision Digital, einen einzigartigen Einblick in den Print-Markt haben – in Kreationen und die Entwicklung von Anzeigen- und PR Volumen. Allerdings wäre es aufgrund der sehr unterschiedlichen Auflagen von Printtiteln und der entsprechenden Preisgestaltung unseriös von mir, ein Minimuminvestment anzugeben.
Nochmals zum positiven Abstrahleffekt seriöser Printmarken. Dieser bleibt ja nur bestehen, wenn die Printmedien mit dem Zeitgeist gehen und den immer neuen Ansprüchen der Menschen Rechnung tragen. Ist die Verlagslandschaft in Deutschland innovativ genug, um diesen Anspruch einzulösen?
Es gibt immer wieder neue und erfolgreiche Magazine, in denen sich Werbungtreibende wirksam positionieren können. Was die redaktionelle Innovationsfähigkeit von Print-Produkten angeht, setzt sicherlich Gruner + Jahr Maßstäbe: In den vergangenen dreieinhalb Jahren hat der Verlag über 20 neue Printmagazine auf den Markt gebracht. Natürlich waren darunter auch Magazine, die mittlerweile wieder eingestellt wurden, wie zum Beispiel „Wolf“ beziehungsweise später „Cord“. Aber es gibt eben auch große Erfolge, wie zum Beispiel „Barbara“ oder das in Kooperation mit Eckart von Hirschhausen neu aufgesetzte „stern gesund leben“. Damit zeigt Gruner + Jahr, dass Innovationsfähigkeit auch bedeutet, sich zu trauen, Fehler zu machen – und aus ihnen zu lernen, Dinge zu probieren und Ideen eine Chance zu geben. Und beweist so, dass es auch und gerade für Print-Magazine noch innovative Ideen gibt, die mit Erfolg belohnt werden. Ein extremes Beispiel war eine Anzeige im schwedischen Frauen- und Lifestyle-Magazin „Amelia“ von IKEA: Der schwedische Möbelkonzern bot Schwangeren einen Rabatt an- und fordert sie dafür auf, zum Nachweis der Schwangerschaft auf eine Magazinseite zu pinkeln.
Geben Sie uns zum Abschluss drei Tipps, wie Unternehmen die Effizienz von Printwerbung noch steigern können. Und was können Verlage, was Agenturen optimieren?
Okay. Tipp 1: Integration in eine Multikanalstrategie, je nach Zielgruppe zum Beispiel Print plus Digital. Tipp 2: Aufsetzen aufmerksamkeitsstarker innovativer Sonderinszenierungen, bei der die Haptikvorteile von Print zur Geltung kommen, unter Berücksichtigung eines angemessenen Preisaufschlags. Tipp 3: Klare Platzierungsvorgaben innerhalb des Titels machen, Stichwort: Umfeldqualität.
Außerdem?
Verlage – und vor allem Agenturen, die ja entsprechend ihrer Rolle einen Beratungsauftrag haben – müssen objektiven Research zur Verfügung stellen, der den Wirkungsbeitrag von Print klar herausarbeitet. Werbungtreibende können zu Recht eine belastbare Entscheidungsgrundlage für Ihr Mediabudget verlangen. Im Vergleich zu sehr offensiven Gattungsevents wie den Screenforce Days für TV und der Dmexco für Digital scheint sich das Medium Print mit seiner seit Jahren auferlegten defensiven Rolle abgefunden zu haben. Hier gilt es, die innovativen Ansätze wie den G+J Ems Umfeldplaner entsprechend prominent zu positionieren.
Last but not least: Welche Printkanäle haben Ihrer Meinung nach das größte Zukunftspotenzial, insbesondere als Werbeträger?
Die Kanäle, die konsequent ihren Mehrwert in Form von Qualitätsjournalismus aufrechterhalten, eine entsprechende Marktpositionierung in ihrer Zielgruppe etablieren und zudem eine Verlängerung in das Medium Digital hinbekommen, sei es als E-Paper, Newsfeed oder über Social Media. Das zukünftige Geschäftsmodell wird dann eine Kombination aus bezahlten Premiuminhalten und Werbeerlösen sein. Darüber hinaus sehe ich ein großes Potenzial für die hochwertigen und auch haptisch ansprechenden Lifestyle-, Beauty- und Luxustiteln, die quasi gesetzt sind für Werbungtreibende aus diesen Segmenten. Der Mehrwert der zielgruppengenauen Ansprache bedeutet für Titel und, Kunden und deren Produkte einen wechselseitigen Imagetransfer. Damit bleibt es bei einer eine Win-Win Situation.