Print Power auf einen Blick
- Auch für Marketingexperten gilt: Nur weil sie es tun, heißt das nicht, dass alle anderen es tun
- Das Bestehen von Vorurteilen bedeutet, dass Irrmeinungen über Medien schwer abzuschütteln sind, unabhängig von der Informationsmenge, mit der sie konfrontiert sind
- Es gibt keine Beweise dafür, dass Print seine Wirkung aufgrund der schrumpfenden Auflagenzahl verloren hat
PP: Wenn es darum geht, Print als Werbekanal zu wählen, leiden Medienplaner unter einer Art kognitiver Verzerrung. Wie manifestiert sich das?
RS: Kognitive Verzerrungen betreffen sowohl Fachleute als auch Verbraucher. Eine der wesentlichen Verzerrungen, die Medienplaner manchmal beeinflusst, ist der falsche Konsens-Effekt.
Dieses vom Stanford-Psychologen Lee Ross nachgewiesene Konzept beschreibt die Tendenz von Personen, davon auszugehen, dass ihre eigenen Einstellungen und Verhaltensweisen auch von anderen geteilt werden. In den Worten von Ross: „Die Person, die Eichhörnchen füttert, republikanisch wählt oder Drambuie zum Frühstück trinkt, wird ein solches Verhalten als relativ normal ansehen.“
Während Ross bewies, dass diese Voreingenommenheit Auswirkungen auf die Öffentlichkeit hat, führten Claire Linford, Insight Manager bei Zenith, und ich ein Experiment durch, das zeigte, dass es auch die Medienplaner beeinträchtigt. Vor einigen Jahren haben wir eine Gruppe von Medienplanern gebeten, den Prozentsatz der Bevölkerung zu schätzen, der ein iPhone besitzt. Wir wiesen dann die Daten entsprechend der Art des Telefons zu, das der jeweilig Befragte besaß.
Das Ergebnis? Diejenigen mit einem iPhone glaubten, dass die Hälfte der Bevölkerung eines besäße, während die Leute ohne iPhone nur ein Drittel schätzen. Die Befragten projizierten ihr Eigentum auf die gesamte Bevölkerung.
Die Annahme unter den Planern, dass ihr Verhalten repräsentativ ist, ist problematisch, da ihre Mediengewohnheiten mit dem Rest der Bevölkerung nicht übereinstimmen. In unserer Medienagentur-Umfrage haben wir festgestellt, dass mehr Menschen The Guardian lesen als The Sun, mehr beim gehobenen Supermarkt Waitrose einkaufen als im einfachen ASDA und mehr Peroni-Bier trinken als das volkstümlichere Carling.
PP: Wie stark werden die Medienempfehlungen der Planer von Erkenntnissen, Emotionen oder anderen Aspekten außerhalb ihrer Kontrolle beeinflusst?
RS: Es gibt einige Vorurteile, die einen Einfluss auf Planer und andere professionelle Entscheidungsträger haben können.
Der erste ist der Bestätigungsfehler. Darunter wird verstanden, dass wir Beweise durch eine Linse unserer bestehenden Gefühle interpretieren.
Meine Kollegin Jenny Riddell und ich haben gezeigt, wie stark diese Verzerrung bei den britischen Parlamentswahlen 2015 waren. Wir befragten 1.004 national repräsentative Wähler über ihre Ansichten zur Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Penny, um 10.000 zusätzliche Krankenschwestern zu finanzieren. Die Ergebnisse wurden dann nach politischer Zugehörigkeit aufgeteilt. Der Kniff war, dass wir der einen Hälfte der Befragten sagten, dies sei eine Idee der Conservative Party und der anderen Hälfte der Labour Party.
Als Labour-Anhänger dachten, der Vorstoß käme von ihrer Labour Party, gab es starke Unterstützung: 14 Prozent waren völlig einverstanden. Allerdings sank die Unterstützung auf drei Prozent, als sie hörten, die Idee stamme von der Conservative Party. Auch bei den Wählern der Conservatives war die Politik viermal populärer unter der Annahme, dass sie von ihrer Partei kam.
Diese Ergebnisse zeigen, dass die Wähler die Politik durch eine Linse ihrer Gefühle für die Partei interpretieren. Wenn sie eine Partei nicht mögen, werden sie jede Politik durch einen negativen Filter interpretieren. Wie das Ausmaß dieses Effekts zeigt, ist das kein unbedeutender Faktor: Die Politik ist weit weniger einflussreich als die bestehende Parteizugehörigkeit.
Bestätigungsfehler treten sowohl bei Fachleuten als auch bei Verbrauchern auf. Das Bestehen von Vorurteilen bedeutet, dass Irrmeinungen über Medien schwer abzuschütteln sind, unabhängig von der Informationsmenge, mit der sie konfrontiert sind.
Das zweite Problem ist die schiere Menge an Information, mit der wir zu tun haben. Herbert Simon, der 1978 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt, beschrieb die Probleme, die mit einer solchen Fülle an Information verbunden sind:
„... in einer Welt voll Informationen bedeutet der Reichtum an Informationen einen Mangel an etwas anderem: einer Knappheit dessen, was Informationen konsumieren. Was Informationen konsumieren, liegt auf der Hand: Sie konsumieren die Aufmerksamkeit ihrer Empfänger. Daher schafft eine Fülle an Informationen eine Aufmerksamkeitsarmut und die Notwendigkeit, diese Aufmerksamkeit effizient auf die Überfülle von Informationsquellen zu verteilen, die sie konsumieren könnten ...“
Wenn wir eine Fülle an Informationen haben, haben wir nicht die nötige Zeit, um jede Information vollständig zu überprüfen. Das kann dazu führen, dass Mythen und Fehlinformationen lange Zeit vorherrschend bleiben. Manchmal erhalten qualifizierte Studien nicht genug Aufmerksamkeit und manchmal bekommen zweifelhafte Statistiken zu viel Glaubwürdigkeit geschenkt.
PP: Wie einflussreich ist Kontext – und wo Konsumenten mit Marken in Kontakt treten – bei der Entscheidungsfindung? Hat Print eine bestimmte Rolle?
RS: Der Kontext, in dem eine Nachricht empfangen wird, ist entscheidend. Die Konsumenten nehmen sowohl die Körpersprache als auch den eigentlichen Inhalt auf.
Wie es WPP-Aufsichtsrat Jeremy Bullmore ausdrückt: „Eine kleine Anzeige mit dem Text ‚Ehemalige Gouvernante sucht gelegentliche Abendarbeit‘ würde unter den unschuldigen Privatinseraten von The Lady weitgehend unbemerkt bleiben. Dieselben Worte im Fenster eines Zeitungshändlers am King's Cross würden andere Erwartungen erwecken.“
Es klingt so offensichtlich, wenn es von Jeremy Bullmore so deutlich dargestellt wird, aber manchmal vergessen wir diesen Punkt in unserem Berufsleben.
Eine der wichtigsten Facetten des Medienkontextes ist der wahrgenommene Aufwand.
John Kay, Ökonom an der Oxford Universität, schlägt vor, dass Werbung nicht aufgrund der expliziten Botschaften funktioniert, sondern weil sie ein kostspieliges Signal ist. Werbung, die offensichtlich teuer ist, signalisiert das Volumen der Ressourcen, die dem Werbetreibenden zur Verfügung stehen.
Wie Kay in seiner bahnbrechenden ArbeitIs Advertising Rational?von 1991 sagt: „Der Werbetreibende hat entweder bereits viele Leute überzeugt, sein Produkt zu kaufen – ein gutes Zeichen – oder er hat jemanden überzeugt, ihm viel Geld zu leihen, um die Kampagne zu finanzieren.“
Werbung funktioniert – nicht trotz ihrer Wahrnehmung von Kostspieligkeit, sondern wegen ihr.
Kay erklärt weiter: Da Werbung dazu neigt, ihre Kosten langfristig wieder hereinzuholen, würde nur ein Unternehmen mit großem Engagement für seine Marke beträchtliche Summen in die Werbung investieren. Eine minderwertige Marke kann Werbung machen, um Neukunden anzuwerben, aber kein noch so großes Werbebudget kann verärgerte Kunden zu einem erneuten Kauf überreden.
In seinen Worten fungiert Werbung somit als Screening-Mechanismus, der „die Qualität eines Produktes überzeugend signalisiert, indem er das aufrichtige Vertrauen des Herstellers in seine eigene Produktion zum Ausdruck bringt, was sich in den dafür aufgewendeten Mitteln widerspiegelt“.
Das ist einer der Vorteile von Print. Die Verbraucher wissen, dass eine ganzseitige Anzeige in der Vogue oder in The Guardian teuer ist, und deshalb profitieren Werbetreibende, die diese Formate nutzen, von einer kostspieligen Signalisierung.