Print Power auf einen Blick
- Mit dem Medium Druck kann man nicht reagieren. Deshalb eignet es sich perfekt als öffentlicher Ort der Abbitte
- Print steht für ein glaubwürdiges, verbindliches Umfeld, in dem man sehr gut zeigen kann, dass man aus Fehlern gelernt hat
- Zeitungen bieten das richtige Publikum
Ob eine politische Beichte oder das Einräumen eines finanziellen Fehltritts: die organisierte Entschuldigung ist Standard in der Nachrichtenwelt. Glaubwürdigkeit ist sicherlich etwas, was von Fall zu Fall unterschiedlich zu verstehen ist. Interessant ist jedoch, dass Marken, die sich am liebsten online äußern, regelmäßig das Printmedium wählen, wenn es um ein Vergehen geht.
Ein aktuelles Beispiel ist das Facebook/Cambridge Analytica-Debakel und wie sich der soziale Mediengigant gezwungen sah, eine ganzseitige Entschuldigung in sieben britischen und drei amerikanischen Zeitungen zu veröffentlichen, als die Sache ans Tageslicht kam.
Aber warum Print? Das haben wir die Experten auch gefragt und dabei zwei interessante Beispiele von Oxfam und KFC herausgegriffen.
Eine gedruckte Entschuldigung wirkt überlegter
Eine reflexartige Reaktion wirkt häufig unaufrichtig. Formuliert man jedoch seine Entschuldigung sorgfältig aus, vermittelt dies den Eindruck, man habe sich Zeit gelassen, über sein Vergehen nachzudenken. Die Botschaft ist präzise und ausführlich und ein Referenzpunkt für eine Marke.
„Wenn man vor Reportern steht und in die Kamera spricht, oder sogar nur einen Tweet tippt, geht man in die Defensive, versucht die Schuld auf andere zu schieben oder wird ausweichend“, sagt Edwin Battistella, Professor für Geisteswissenschaften und Kultur an der Southern Oregon University und Autor von Sorry About That: The Language of Public Apology.
Eine gedruckte Entschuldigung übernimmt die Aufgabe viel besser, argumentiert Professor Roy J. Lewicki, Experte für Konfliktmanagement und Autor von Think Before You Speak: A Complete Guide to Strategic Negotiation. „Man kann sich ausführlicher, genauer und einer breiteren Öffentlichkeit gegenüber äußern, sofern man das richtige Medium wählt“, erklärt er.
Battistella stimmt ihm zu: „Eine gedruckte Entschuldigung durchläuft mehrere Entwurfsstadien und der Verfasser denkt sorgfältiger darüber nach, bevor er sie veröffentlicht.“
Der Punkt ist, dass man mit dem Druckmedium nicht reagieren kann. Und es ist auch nicht emotional.
Es kann jedoch ein hervorragendes Werkzeug sein, um eine Marke zu stärken. Wenn man damit zeigt, dass man aus seinen Fehlern gelernt hat. „Wir kennen das bereits von Paracetamol und Johnson & Johnson aus dem Jahr 1982 [als das Pharmaunternehmen die Medikamentenverpackungsindustrie revolutionierte als Gift in Paracetamol-Tabletten gefunden wurde] und wir erleben es heute wieder mit Oxfam.“
Im Fall Oxfam – das unter Beschuss steht, seit bekannt wurde, dass einer der Manager Frauen nach dem Erdbeben in Haiti 2010 für Sex bezahlte – wirkte die öffentliche Entschuldigung in The Times und The Guardian als angemessene Lösung, um den ruinierten Ruf des Unternehmens zu reparieren.
Print gilt als bleibend
Vanessa Clifford, CEO bei Newsworks, der Zeitungsanzeigen-Verband der UK, wurde in der Marketing Week dazu wie folgt zitiert: „Eine Erklärung wie diese [Oxfams Anzeige] in einem Druckmedium hat Gewicht und weckt die Aufmerksamkeit. Sie wird selbst zur Geschichte und ermöglicht dem Unternehmen, sich zu entschuldigen, seine Glaubwürdigkeit wiederherzustellen und seine Absicht, sich zu verändern, ausführlich darzulegen.“
„Ich glaube, es geht darum, wie etwas von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird“, sagt Battistella. „Online-Entschuldigungen wirken zu nebensächlich und haben weniger bleibenden Charakter. Ich glaube, das wird sich in Zukunft ändern. Aber das Medium Druck hat einen dauerhaften Charakter, mit dem es die digitale Welt nicht aufnehmen kann.“
Egal in welchem Format: Wichtig ist eine konsistente Marken-Story
Als KFC im Februar hunderte von Filialen in Großbritannien schloss, weil der Kette die Hühner ausgingen, veröffentliche der Fastfood-Anbieter (unterstützt von Mother London) eine freche Anzeige in The Sun und Metro, in der das Unternehmen einräumte: „Ein Hähnchenbrater ohne Hähnchen. Das geht nicht.“
Das Unternehmen ging sogar noch einen Schritt weiter und stellte die Buchstaben seines Unternehmensnamens in das explizite„FCK“ um. Das Ergebnis, so der der leitende Direktor von Frank PR, Andrew Bloch, war eine Anzeige, die man einfach gesehen haben musste – ein „Meisterstück des PR-Krisenmanagements“.
Aber es ist auch etwas, was im Fernsehen kaum funktioniert hätte, meint Battistella: „Das ist schon schwierig auszusprechen.“ Er zitiert als Beispiel Kmart in den USA, das 2013 die Zeile „Ship my Pants“ in seinem TV-Spot nutzte. Es ist nicht überraschend, dass dieser Versuch missglückte. Das war, so Battistella, „für das Fernsehen einfach zu deutlich.“
Kurz gesagt, mit einer schnoddrigen Druckanzeige, die dem Ton der vorherigen Kampagnen folgte, stützte KFC sein neues Image als „Bad Boy“ der Fastfood-Franchisebranche (vgl. dancing chicken –eine Anzeige, die 2017 am meisten Beschwerden einbrachte).
Es ist ein Ansatz, den IKEA häufig mit großem Erfolg nutzt – wenngleich weniger extrem. Gemeint ist selbstverständlich der ausgefallene, brillante Schwangerschaftstest des Möbelgiganten, der kürzlich im Magazin Amelia erschien.
Ausgehend vom altbekannten Kritiktiraden der Medien, entwickelt KFC damit ein eigenes Marken-Narrativ, das die Kunden anspricht. Battistella geht sogar so weit zu glauben, dass die Anzeige so erfolgreich werden wird, dass dies dem Unternehmen „so viel Sympathie einbringt, dass damit die Kosten des eigentlichen Faux pas mehr als ausgeglichen werden“. Gut gemacht, also.